Wir sind GIPFELSTÜRMER

Die Zugspitze ist mit 2962m der höchste Gipfel Deutschlands. Auf dem Westgipfel des Zugmassivs verläuft die Grenze zwischen Österreich und Deutschland. An den Flanken der Zugspitze befinden sich drei Gletscher, unter anderem die beiden größten Gletscher Deutschlands – der Nördliche Schneeferner und der Höllentalferner. 1820 wurde die Zugspitze erstmals durch Josef Naus bestiegen.

Am 09. September war es so weit – ich konnte mein Geburtstagsgeschenk einlösen. Gemeinsam mit Benny, meiner Freundin Wendy, ihrem Mann Osse und unserem Kumpel Alu machte ich mich auf dem Weg nach Garmisch-Partenkirchen, von wo aus wir die Zugspitze erklimmen wollen.

Wir sind ja, bis auf Alu, schon mehrfacht gewandert. Aber noch nie zuvor haben wir eine Gipfeltour mit Übernachtung in einem Matratzenlager und so ungewissen Wetterbedingungen gemacht. Weder Benny und ich, noch Wendy und Osse. Entsprechend ratlos waren wir Anfangs, was die Bekleidung und das Gepäck angeht. Doch zum Glück gibt es das Internet, das zahlreiche Informationen und Ratschläge für Ausflüge dieser Art bereitstellt.

Nun ja, wie schon gesagt, ging es am 09. September mittags 13 Uhr in Nurzen los. In Oswalds Bus war ausreichend Platz für alle und so war die Autofahrt bis Garmisch eigentlich recht angenehm.
Gegen 18.30 Uhr erreichten wir das Olympiahaus, das direkt an der Olympia Skisprungschanze liegt. Der Blick aus unseren Zimmern war direkt auf diese gerichtet, was schon mal ein sehr beeindruckendes Bild war.

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Den Abend ließen wir entspannt ausklingen. Wir suchten uns ein gemütliches Restaurant mit typisch bayrischem Charme. Zurück in unserem Apartment folgte eine kleine 2000er Party, natürlich ganz unter uns, bevor wir dann kurz nach Mitternacht müde und auch ein bisschen aufgeregt in unsere Betten fielen.

Der nächste Tag begann zeitig. Spätestens 8 Uhr wollten wir Frühstücken, um pünktlich 9 Uhr aufbrechen zu können. Es ist gar nicht so einfach, in einem Apartment mit nur einem Bad für fünf Personen voranzukommen… 🙂 Aber wir haben es geschafft und konnten das leckere Frühstück in Ruhe genießen und den Tag gut gestärkt starten.

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Unsere Tour begann direkt vor der Tür. Es waren nur wenige Minuten bis zur Partnachklamm, eine etwa 700 Meter lange und teilweise bis 80 Meter hohe Klamm im Reintal. Waren wir beeindruckt von dieser Schlucht. Ich konnte gar nicht aufhören Fotos zu machen. Ich war überwältigt.

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Nach einer ersten Holunderpause ging es von hier aus weiter zur Parnachalm. Der Weg war sehr angenehm. Wir konnten in einem gemütlichen Tempo wandern und mussten uns absolut keinen Stress machen. Auch das Wetter spielte mit – es war weit und breit keine Wolke am Himmel. Das Rauschen des Partnach begleitete uns durchweg. Wir konnten es auch nicht unversucht lassen und mussten einfach vom klaren Wasser kosten. Schmeckt! Das kann ich euch sagen 🙂
Allerdings muss ich zugeben, dass wir nicht nur Wasser tranken. Es folgten weitere Holunderpausen – ganz wie früher. Nur, dass wir uns jetzt mit kleinen Bechern und weniger Holunder zufrieden gaben.

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Gegen Mittag erreichten wir schließlich die Partnachalm. Hier stärkten wir uns mit Suppen, Nudeln und Kuchen. Für jeden Geschmack war etwas dabei. Wir waren sehr beeindruckt, dass diese Alm von noch recht jungen Leuten betrieben wurde. Unser Alter oder ganz und gar noch viel jünger, waren die Wirtsleute, die hier oben die Ruhe zu genießen scheinen.

Gut gestärkt, aber auch leicht frierend, machten wir uns nach etwa einer Stunde wieder auf den Weg. Sitzen macht müde und wer müde ist, dem wird kalt. Wir wollten also schnell weiter 🙂 Doch was kommt, bevor wir richtig im Gang sind? Richtig – eine Holunderpause.
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Nun wurde dee Weg wieder etwas steiler. Wir fragten uns auch schon die ganze Zeit, wann wir denn endlich einmal weiter hinauf kommen würden. Nach gut einer Stunde entfernten wir uns immer weiter vom Flussbett, das uns in der Zwischenzeit schon stark beeindruckte, einfach weil es unwahrscheinlich weitläufig war. Kaum vorstellbar, wie viele Wassermassen hier mit der Schneeschmelze hinabgespült werden müssen.

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Je weiter wir uns entfernten, desto stiller wurde es. Uns war schon gar nicht mehr aufgefallen, wie laut das Rauschen des Flusses eigentlich war.

Die Ruhe im Wald wurde auch für ein paar Yoga-Übungen genutzt J Passend natürlich – der Baum!

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Die Wege wurden schmaler und langsam auch immer ein wenig steiler. Je höher wir kamen, desto frischer wurde es. Auch der Himmel zog sich langsam zu. Beinahe unbemerkt wurden wir langsam schneller. Beinahe! Denn Osse schimpfte hin und wieder, warum wir denn so rennen würden. Vielleicht lag es einfach an meiner Angst vor Gewitter. Dazu auch noch in so einer Höhe. Um Himmels willen schnell weg – schnell zur Unterkunft, dachte ich mir beim Blick nach oben.

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Zum Glück war es auch gar nicht mehr weit. Gegen 16.30 Uhr erreichten wir unser Lager. Gerade rechtzeitig, denn es hatte begonnen zu regnen. Unter dem Vordach saßen bereits einige Wanderer. Sie hatten es sich längst gemütlich gemacht. Eigentlich wollten Wendy und ich noch eine Tour zu einem Wasserfall machen, aber als wir sahen, dass der Regen stärker wurde, entschieden wir gemeinsam mit unseren Männern das Lager zu beziehen und den Tag ganz ruhig und entspannt ausklingen zu lassen.

Zunächst mussten wir uns erstmal anmelden…dann durften wir endlich einen Blick in das Matratzenlager werfen. Wir waren alle gespannt, was uns wohl erwartet. Das Haus war, nun ja, wie soll ich es sagen – ein recht gemütliches & abgewohntes Häuschen mitten in den Bergen. Wir mussten, bevor wir hinauf gehen konnten, erst noch unsere Schuhe wechseln. Wechselschuhe – jetzt wusste ich, was ich vergessen hatte. Aber zum Glück gab es reichlich abgelebte Schuhe in einer riesigen Kiste. Es war nicht leicht zwei gleich gut passende Latschen zu finden, aber mit ein bisschen Geduld hat auch das geklappt. Nun konnten wir also endlich schauen, wo wir die kommende Nacht verbringen sollten. In der ersten Etage fanden wir unser Quartier. Wir hatten eine 6er Reihe erwischt. Da wir schon fünf Personen waren, hatten wir die Reihe für uns und mussten nicht neben anderen Wanderern schlafen. Wendy und ich durften uns jeweils an der Außenseite breit machen, was uns sehr gelegen kam. So hatten wir, wie gewohnt, nur unsere Männer neben uns. Alu bekam das Plätzchen in der Mitte 🙂

Doch noch war es längst nicht an der Zeit ins Bett zu gehen. Also suchten wir uns ein kuschliges Plätzchen im Gemeinschaftsraum und machten es uns gemütlich. Neben Weizen und leckerer Johannisbeerenschorle kosteten wir die heiße Schokolade um uns endlich gut aufzuwärmen. Benny und ich holten uns noch fix zwei Duschmarken und sprangen unter die Dusche. Die Hygiene entsprach leider nicht ganz unseren Wünschen und Vorstellungen…aber egal, hauptsache das Wasser ist heiß – und das war es auch.

Pünktlich 18 Uhr war das Gemeinschaftszimmer dann auch schon brechend voll. Vier junge Studenten quetschten sich noch mit an unseren Tisch. Dann wurden wir auch schon gefragt, was wir zu Essen wünschen. Die Auswahl war klein, aber ausreichend. Es war eigentlich für jeden etwas dabei. Lecker war es aber nicht wirklich. Schieben wir es einfach darauf, dass die Umstände der Lieferung von Gewürzen etc. das Ganze nicht unbedingt leicht macht. Hat man das Salz im Hubschrauber liegen lassen, muss es die nächsten Wochen wahrscheinlich ohne gehen 🙂

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Der Abend war ganz lustig. Leider warteten wir vergebens auf den Mann mit dem Akkordeon. Zum Glück hatten Oswalds ihre Mini-Box dabei. So konnten wir ein bisschen für Musik sorgen. Dem einen gefiel es dem anderen nicht…so ist das halt. Pünktlich 22 Uhr wurden wir schließlich darauf hingewiesen, dass es nun an der Zeit ist ins Bett zu gehen. Unsere Männer waren leider noch nicht ganz dieser Meinung – so entschieden sie sich gemeinsam mit den Studenten doch noch eine Runde Pfeffi wegzuziehen. Wendy und ich ahnten schon, worauf das hinauslaufen wird. Die armen weiteren 30 Wanderer, die bereits in unserem Matratzenlager schliefen…die konnten sich auf was gefasst machen. Leider…

Gegen 22.45 Uhr hatten wir es dann auch ins Bett geschafft. Zwar mit viel Lärm, aber wir lagen immerhin im Bett. Unsere Männer schliefen dann aufgrund des leicht fortgeschrittenen Alkoholpegels ziemlich zügig ein. Leider unterstützen sie dann im Schlaf die fünf anderen Schnarcher im Raum. Gefühlt habe ich etwa zwei Stunden geschlafen. Meine Polar-Uhr war der Meinung, es waren fünf. Na immerhin.

Am nächsten Morgen wurden wir dann um 6.15 Uhr mit dem Gutenmorgen-Lied auf dem Akkordeon geweckt. Ich weiß nicht wie viele Leute in dieser Unterkunft übernachtet hatten…die Bäder waren aber auf alle Fälle komplett überfüllt. Wir entschieden uns also den großen Ansturm abzuwarten und uns dann fertig zu machen.

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Das Frühstück, wir hatten jeder ein großes gebucht, bestand aus drei Scheiben trockenem Brot, ein paar Scheiben Käse/Wurst und Marmelade. Ich gebe es zu, wir waren etwas baff. Ein Kaffee war im Preis inbegriffen. Leider kein zweiter.

Wir konnten es kaum erwarten – wir waren gespannt auf den steilen Anstieg, der heute vor uns lag. Während des Frühstücks sah es eigentlich noch so aus, als würde sich das Wetter halten. Leider fing es gerade an zu regnen, als wir aufgebrochen sind. Die ersten Kilometer und 600 Höhenmeter legten wir im Regen zurück. Insgesamt lagen an diesem Tag knapp 1600 Höhenmeter vor uns.

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Nach etwa 2,5 Stunden erreichten wir die Knorrhütte auf 2052 Metern Höhe. Diese Hütte wäre die zweite Variante für die Übernachtung gewesen. Das Personal war wesentlich freundlicher und die Unterkunft und das Gasthaus um einiges sauberer. Aber am Vortag noch weitere 2,5 Stunden zu wandern…wer weiß ob uns das so recht gewesen wäre.

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Wir nutzen die Zeit in der Hütte um unsere Kleidung zu wechseln und uns aufzuwärmen. Wir stärkten uns mit einer wirklich leckeren Kartoffelsuppe und heißem Wasser auf Ingwersirup. Nach etwa einer Stunde kam dann auch die Sonne heraus. Der Himmel war plötzlich strahlend blau und von Regenwolken weit und breit keine Spur.

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Gut gestärkt, trocken und aufgewärmt machten wir uns dann weiter auf den Weg Richtung Zugspitze. Vorbei an Schafen wagten wir den Aufstieg, der merklich steiler wurde. Die Aussicht war wundervoll…und wir genossen bei schönem Wetter die schöne Tour. Unsere Tour!

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Langsam hörte man den einen oder anderen Herren jammern…doch es Half alles nichts. Wir hatten es noch lange nicht geschafft. Alu hatte sich in der Zwischenzeit eine App heruntergeladen, die die Berge erkennt. Damit konnte er uns die ganze Zeit darüber informieren, welche Gipfel und Berge eigentlich in unserem Blickfeld lagen. Die Zugspitze hatten wir allerdings noch lange nicht im Blick.

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Nochmal vergingen etwa zwei Stunden. Dann waren wir auf knapp 2500 Metern. Jetzt sahen wir auch endlich, wo wir eigentlich noch hinauf wollen. Die Zugspitze lag quasi vor uns…aber der Weg nach oben verschlug uns erst mal die Sprache. Benny war sich gleich sicher – „Da gehe ich nicht hoch! Ich nehme die Seilbahn.“ Doch genau so sicher wie sich Benny war, waren Alu, Wendy und ich uns auch, dass wir die letzten Höhenmeter bestimmt nicht mit der Bahn hinauf fahren. Wir wollten die Zugspitze stürmen…zu Fuß! Nicht mit der Bahn. Das kann doch schließlich jeder.

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Nach einer kurzen Pause am Fuß des Gipfels entschied sich schließlich auch Benny den letzten Aufstieg zu wagen. Warum auch nicht? Er ist im Augenblick absolut fit…das macht er mit links! Osse war in der Zwischenzeit irgendwie schon ganz still. Aber das bemerkten wir nicht wirklich. Los ging´s also. Das größte Problem waren eigentlich die ersten 100 bis 200 Höhenmeter. Diese mussten wir uns durch Geröll und Schotter kämpfen. Das war nicht einfach, aber trotzdem machbar. Osse dachte aber bei diesem Anstieg, dass er sterben müsse. Doch der Gruppenzwang und der Stolz siegten und so konnte auch er sich motivieren und bestritt diesen echt hässlichen Berg.

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Nach diesem Auftakt wurde es dann besser. Jetzt mussten wir aber sehr konzentriert weiter nach oben steigen. An den Felsen war ein Seil befestigt, an dem man sich besser festhalten sollte, denn nach rechts ging es einfach nur bergab…steil bergab. Und jetzt erkannte ich was eigentlich Bennys Problem war. Er hatte Höhenangst!

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Keine Sekunde ließ er das Drahtseil los. Wir sind seit fünf Jahren verheiratet und seit 15,5 Jahren ein Paar…und erst jetzt erkannte ich seine Angst. Hinter uns liegen zahlreiche gemeinsame Ausflüge im Kletterpark, Bergtouren, Steilpisten die wir mit dem Roller, Auto oder Wohnmobil bezwingen mussten. Und noch nie kam seine Höhenangst durch.
Doch ein Zurück gab es an dieser Stelle längst nicht mehr. Er musste jetzt da durch.

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Mir machte das Ganze richtig Spaß. Ich genoss die Bewegung, die leichte Anspannung und vor allem auch die wunderschöne Aussicht. Wir erreichten nach einer Weile den Kamm. Es war einfach ein Traum. Man klettert die letzten Meter hinauf, zieht sich den Felsen hinauf…und blickt schließlich auf der anderen Seite des Kammes steil hinunter auf Österreich.

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Hier oben warteten wir zunächst auf Osse und Wendy. Osse kämpfte immer noch – aber auch für ihn gab es jetzt einfach kein Zurück mehr. Während es Benny nicht einmal wagte, sich auf die Bank zusetzen und seinen Platz auf dem Boden, wo er sich die ganze Zeit an einem Grenzstein festhalten konnte, definitiv nicht verlassen würde, amüsierte ich mich und hüpfte fleißig von Deutschland nach Österreich und wieder zurück.

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Von hier war es nun wirklich nicht mehr weit. Wir mussten noch einmal knapp 30 Minuten die Zähne zusammenbeißen, dann waren wir auch schon oben. NOCH schien die Sonne und noch war der Himmel strahlend blau. NOCH!

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Wir genossen die wundervolle Aussicht und schossen noch ein paar Bilder, bevor es sich schlagartig zuzog und zu schneien begann. Schnell kehrten wir ins Wirtshaus ein. Glühwein, Kaffee, Tee, Apfelstrudel, Knödel…jetzt wurde erstmal ordentlich reingehauen. Langsam sah man uns die Spuren des Aufstiegs an. Vor allem Osse schien beinahe am Ende zu sein. „Die letzten 400 Höhenmeter waren schlimmer als die Hölle.“ sagte er. Aber jetzt war es egal. Wir hatten es geschafft, wir hatten den höchsten Gipfel Deutschlands erklommen – wir waren jetzt endlich richtige GIPFELSTÜRMER 🙂

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Den Abstieg wagten wir allerdings nicht. Dieser war auch, zumindest laut Beschilderung, nur für Bergsteiger mit entsprechender Ausrüstung gestattet. Also stiegen wir in die Seilbahn und fuhren bis zum Eibsee, von wo aus wir uns mit der Bahn zurück auf den Weg nach Garmisch machten.

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Die Füße fingen langsam an zu qualmen, weshalb es die letzten zwei Kilometer vom Bahnhof zum Olympiahaus einfach nicht mehr möglich war, Schuhe zu tragen.

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Am frühen Abend erreichten wir schließlich das Olympiahaus. Leicht erschöpft stiegen wir ins Auto und machten uns auf den Weg zurück nach Hause.

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Ich danke meinen Freunden für dieses wundervolle Geschenk. Es war ganz genau das richtige für mich 🙂

 

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